Rede zum Neujahrsempfang der Stadt Idstein durch Herrn Bürgermeister Gerhard Krum am Freitag, dem 13. Januar 2006, 17.00 Uhr, Stadthalle Idstein

"Dreifach", legte Friedrich Schiller einst Konfuzius, dem chinesischen Weisen in den Mund: "dreifach ist der Schritt der Zeit: zögernd kommt die Zukunft hergezogen, pfeilschnell ist das Jetzt entflogen, ewig still steht die Vergangenheit."
Keine Angst, ich werde Ihnen die Zeit jetzt nicht mit einer Schiller-Soiree vertreiben. Ich werde auch Ihr Stehvermögen keiner größeren Belastungsprobe unterziehen. Es handelt sich lediglich um eine Art Inhaltsangabe. Damit Sie wissen, was auf Sie zukommt. Sie können also der Zukunft auch in dieser Hinsicht durchaus optimistisch entgegen sehen.
Bevor das Jetzt schon wieder "entflogen" ist, möchte ich mich aber noch sehr herzlich bei Ihnen bedanken. Ich freue mich, dass Sie meiner Einladung so zahlreich Folge geleistet haben. Obwohl heute nicht nur Freitag, sondern gar der 13. ist ....
Umso mehr wünsche ich Ihnen und uns allen für den weiteren Verlauf des neuen Jahres alles erdenklich Gute: Mögen alle Ihre Hoffnungen in gesundheitlicher, in familiärer und nicht zuletzt in beruflicher Hinsicht in Erfüllung gehen.
Zum Wohl!
So schnell, meine sehr geehrten Damen, meine Herren, kann "das Jetzt" vorbeifliegen und alles, was zu erwähnen man vergessen hat, fällt in die Rubrik "versäumter Augenblick" oder es wird an die Vergangenheit abgetreten.
Apropos Vergangenheit: hinter uns liegt - selbst wenn wir die Weltpolitik außen vorlassen; die beziehen wir beim Neujahrsempfang erst ein, wenn sich das "Idsteiner Land" zum Freistaat wie Bayern weiterentwickelt hat, mit Niedernhausen, versteht sich -, hinter uns liegt ein an bedeutsamem Ereignissen reiches und für die Gemütsverfassung unseres Gemeinwesens wichtiges Jahr.
Besonders bemerkenswert ist, dass viele Gruppen und viele einzelne Akteure aus vielen gesellschaftlichen Bereichen an diesem Münchhausen-Projekt (der adlige Mann, ein Baron, soll sich bekanntlich höchst selbst am eigenen Schopf aus dem Sumpf gezogen haben) mitgewirkt haben. Was ist alles passiert?:
Die Kultur bescherte uns aus Anlass des 200. Todestags des Eingangs zitierten Dichters und Denkers das Schiller-Jahr.

Die Naturwissenschaften hielten mit dem Einstein-Jahr dagegen, dessen Todestag sich 2005 zum 50. Mal jährte.
Gerhard Schröder, von dem wir bis heute immer noch nicht genau wissen, ob seine Haare gefärbt sind oder nicht, verhalf uns zu vorgezogenen Bundestagswahlen und einer neuen Bundesregierung. Zum zweiten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik kam eine Große Koalition dabei heraus, zum ersten Mal wird unser Land von einer Frau regiert "Angie". Die neuen Gesichter und das Programm der von Frau Dr. Merkel angeführten Kabinettsriege sind überwiegend auf positive Resonanz gestoßen, das Konjunkturbarometer zeigt wieder nach oben, die Investitionsbereitschaft der Wirtschaft hat wieder zugenommen und es wurden neue Initiativen ergriffen, deren Wirkung allerdings und keineswegs zuletzt davon abhängt, ob und inwieweit die Kommunen "mitziehen" (z. B. indem sie die Steuererleichterungen für Familien mit Kindern auch mit den entsprechenden Betreuungsangeboten hinterlegen oder ob und inwieweit sie das 25 Mrd. Euro schwere Investitionsprogramm zur Verbesserung und zum Ausbau der örtlichen Infrastrukturen nutzen und endlich wieder auch selbst mehr investieren).
Die amerikanische Militärregierung hat dem Land Hessen mit der Proklamation Nr. II vom 19. September 1945 seine Existenz und seinen 60. Geburtstag ermöglicht.
Die Bürgerinnen und Bürger des Rheingau-Taunus-Kreises haben einen Wechsel an der Kreisspitze herbeigeführt. Der Landrat heißt jetzt nicht mehr Bernd Röttger, sondern Burkhard Albers, der Idstein zur "heimlichen Hauptstadt des Rheingau-Taunus-Kreises" geadelt hat. Mit der Kfz-Zulassungsstelle, der Fahrerlaubnisbehörde und dem Job-Center in der Black-und-Decker-Straße sowie der Erziehungsberatungsstelle und dem Gesundheitsamt unterhält der Kreis 5 Nebenstellen in unserer Stadt. Aktuellstes politisches Thema ist jedoch die Schulorganisation, insbesondere die Frage wo und wie die Jahrgangsstufen 5 und 6 dem Gymnasialbereich der Pestalozzi Schule beigestellt werden sollen beziehungsweise können. Ich bin sehr gespannt, Herr Landrat, wie die Lösung am Ende aussehen und vor allem wo und wie die vermutlich unvermeidbaren Baumaßnahmen in der Kürze der Zeit bis zum Schuljahresbeginn 2006/2007 zu bewerkstelligen sein werden.
Womit wir, meine Damen, meine Herren, nun also endgültig in Idstein, zuhause, angelangt wären.

Natürlich haben Sie alle die Jahresrückblicke in den einschlägigen Tages- und Wochenzeitungen, in der "Idsteiner Zeitung", dem "Wiesbadener Kurier", der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", der Bild-Zeitung, dem "Idsteiner Anzeiger", der "Lokalzeitung am Sonntag", dem "Niedernhausener Anzeiger" und wie sie sonst noch alle heißen mögen, gelesen oder das ganze Jahr über die Berichterstattung aufmerksam verfolgt. Ich brauche das also hier nicht zu wiederholen.
Nur so viel: Auch für Idstein, nein, ganz besonders für Idstein gilt, dass viele gesellschaftliche Gruppen und Akteure das Stadtgeschehen mit beeinflusst und mitgestaltet, ja mit geprägt haben.
Das trifft auf "Idstein aktiv" und den Verein "IdsteinCard" zu, die organisierten Zusammenschlüsse des Idsteiner Einzelhandels, die die Innenstadt mit einer Vielzahl von Veranstaltungen, angefangen beim "Idsteiner Frühling" über das Weinfest, verkaufsoffene Sonntage, Nachtshopping bis hin zum Weihnachtsmarkt belebt haben.
Es trifft auf die Gastronomiebetriebe zu, die sich bei allen diesen Aktivitäten, aber vor allem natürlich beim "Idstein JazzFestival" oder dem Kneipenfestival "Monkey Jump" und natürlch bei der Bewirtung von Übernachtungsgästen als ebenso unersetzliche wie kreative Partner bewährt haben.
Es trifft auf die Kirchen zu, die katholische, die zum Weltjugendtag in Köln auch ein Idsteiner Programm auf die Beine gestellt hat; die evangelische, die mit dem Diakonischen Werk im NassauViertel das "Haus der Kirche" errichtet und zugleich einen Beitrag zur Profilierung des Gesundheitsstandortes Idstein leistet, denn im Haus der Kirche wird auch ein Wohnheim für psychisch kranke Menschen entstehen.
Es trifft auf unsere Partnerstädte zu, die mit uns gemeinsam das 10jährige Bestehen der Jumelage mit der russischen Stadt Uglitsch gefeiert haben.
Darüber hinaus hat die belgische Partnerstadt Zwijndrecht eine Feier zum 35jährigen Miteinander mit Idstein ausgerichtet. Der Vorsitzende unseres Partnerschaftskomitees, Stadtrat Höhn und Frau Stadträtin Beck, haben mich in Lana anlässlich des 80igsten Geburtstags des dortigen Altbürgermeisters und hiesigen Ehrenbürgers Franz Lösch vertreten. Mit dem niederländischen Kollegen Willems aus Heusden stehen wir im regen Gedankenaustausch über die Möglichkeiten, die Partnerschaft mit neuem Leben zu erfüllen.

Anlässlich eines Informationsbesuches des Ausländerbeirates im türkischen Kulturzentrum in der Wiesbadener Straße im früheren "Idsteiner Hof", hat mir der Imam eine Einladung des Bürgermeisters der Stadt Sile - ca. 90 Kilometer östlich von Istanbul - übergeben. Die Reise einer dreiköpfigen Delegation ist für April geplant. Sie sehen also, meine Damen und Herren, die Stadt Idstein ist auch auf der internationalen Bühne präsent.
Meine Amtskollegen aus dem Idsteiner Land und aus ganz Hessen, immerhin 250 an der Zahl, haben die "Idsteiner Erklärung" unterstützt, um auch in Hessen endlich die zur Konsolidierung der Kommunalen Haushalte unumgänglichen Strukturreform auf den Weg zu bringen. Die Hessische Landesregierung, die bei der Fachkonferenz "Funktionalreform und Gemeindefinanzen" in Idstein durch Finanzminister Karl-Heinz Weimar vertreten war, ist allerdings bisher eine Antwort schuldig geblieben.
In anderer Hinsicht hat sich die Hessische Landesregierung indes als überaus kooperativer Partner der Stadt Idstein gezeigt. Zu Beginn des alten Jahres wurden die planerischen Voruntersuchungen für die Ortsumgehung Eschenhahn mit einem Screening-Termin offiziell eingeleitet. Die Planungen für eine weitere Autobahnauffahrt in Richtung Frankfurt auf Höhe Cunoweg sind im vollen Gange. Das Baurecht für die Südtangente konnte hergestellt und der erste Spatenstich für den ersten Bauabschnitt zwischen Wörtzgarten und Holzstraße (Höhe Hof Gassenbach) durchgeführt werden.
Das zweite Hochwasserrückhaltebecken - das erste im Wolfsbachtal ist fertig gestellt -, jetzt für den Wörsbach, befindet sich im Planfeststellungsverfahren.
Auch für den Neubau des 100 Jahre alten Krankenhauses in Kooperation mit der Kinder-Jugendpsychatrie konnte bereits der erste Spatenstich erfolgen. Dies ist zum einen gewiss der Kooperationsbereitschaft des Landeswohlfahrtsverbandes Hessens mit seinem neuen Landesdirektor Uwe Brückmann, zum anderen dem damaligen Vorstand der Wittgensteiner Kliniken AG (WKA), namentlich Herrn Dr. Rainer Brase, zu verdanken. Voraussetzung dafür war aber auch, dass sich der Landkreis in seinen Streitpunkten mit der WKA bewegt hat. Herr Landrat Albers war es, der schließlich den Weg zu einer Vergleichslösung geebnet hat.

In den vier Jahren, die ich fast auf den Tag genau heute im Amt bin, habe ich im Hessischen Sozialministerium, insbesondere von Herrn Staatssekretär Wilfried Seif und dessen Nachfolger Gerd Krämer, aber auch durch Frau Sozialministerin Silke Lautenschläger sehr viel Verständnis und sehr viel Unterstützung für dieses zentrale Anliegen unserer Stadt erfahren. Dafür möchte ich allen genannten Personen von dieser Stelle aus einen besonderen Dank aussprechen - ich denke - in Ihrer aller Sinne. Und das ist Ihnen doch sicher einen kräftigen Beifall wert.
Am 28. Dezember 2005 hat Frau Ministerin Silke Lautenschläger den Bewilligungsbescheid für den Neubau des Gesundheitszentrums in Höhe von 17,2 Mio. Euro übergeben. Damit fügt sich das Land Hessen in die Reihe der Investoren ein, die unsere Stadtentwicklung mit standortprägenden Projekten voranbringen. Neben dem Gesundheitszentrum und der Südtangente investiert das Land ja auch Millionbeträge in der Gerichtsstraße für die neue Polizeistation und die Erweiterung des Amtsgerichts.
Außerdem hat es mit der Übertragung eines Landesgrundstückes den Weg für den Ausbau der Europa Fachhochschule Fresenius mit geebnet.
Andere große - private - Investitionsprojekte sind abgeschlossen: Das Telco-Gebäude ist inzwischen bezogen und in Betrieb, und das Unternehmen hat mit der Auflage eines speziellen Idstein-Tarifes dazu noch ein symbolisches Zeichen für seine Verbundenheit mit dem neuen Standort Idstein gesetzt. Die Kreisel-Gestaltung vor dem Gebäude wurde im Wege eines Wettbewerbs ausgeschrieben.
Apropos Kreisel - über den "Adler", der gar keiner ist, ist viel hin und her geredet worden. Sie wissen schon, ich spreche von dem vr-bank-Kreisel in der Wiesbadener Straße. So wird der Kreisverkehrsplatz nämlich von jeher im Volksmund genannt. Dahinter oder daneben, ganz wie Sie wollen, hat besagtes Unternehmen, ich möchte den Namen nicht noch einmal nennen, sonst gerate ich noch in den Verdacht der Schleichwerbung, sein Stammhaus aufwendig erweitert und saniert.

Über Geschmack lässt sich immer streiten, besonders wo es um Architektur geht, dafür ist die despektierlich so genannte Heringsbüchse in der Gerichtsstraße ein beredtes Beispiel; unstreitig aber ist in beiden Fällen, dass ein Stück städtebaulicher Urbanität in Idstein Einzug gehalten hat. Und das tut unserer Stadt gut.
Unstreitig ist aber vor allem, dass wir nach zwei schmerzhaften Strukturwandeln es heute mit Unternehmen zu tun haben, die sich durch eine starke Bindung an den Standort auszeichnen. Dafür werben wir bei den Unternehmen, weil wir wollen, dass Sie als Multiplikatoren die Kunde von der Entwicklungsdynamik und den Standortvorzügen unserer Stadt weiter tragen; und weil wir wissen, dass die "Standorttreue" eine wesentliche Bedingung wirtschaftlicher Stabilität darstellt. Die vorwiegend mittelständischen Unternehmen am Ort sind erfolgreich und sichern - nicht nur über die Gewerbesteuer - die Wirtschaftskraft unserer Stadt.
Wenn wir wollen, dass sie stolz auf Idstein sind und etwas für unsere Stadt tun, dann ist es nur folgerichtig, dass sich auch die Stadt zu "ihren" Unternehmen bekennt. Und ich scheue mich nicht, auch von hier aus noch einmal zu bekräftigen: das tun wir. (Was aber natürlich nicht heißt, dass alle Kreisel demnächst mit firmenzugehörigen Symbolen bestückt werden).
Wie wichtig die Wirtschaft und ihr erfolgreiches Tun für unsere Stadt sind, verdeutlicht ein Blick in den Haushalt. Der städtische Haushaltsplan für das Jahr 2005 wies noch einen Fehlbetrag von rund 4,5 Mio. Euro aus. Die Gewerbesteuereinnahmen waren aufgrund der Orientierungsdaten aus den Vorjahren auf 6,4 Mio. Euro angesetzt.
Tatsächlich haben wir jedoch ein Rekordergebnis von ca. 10,3 Mio. Euro in diesem Jahr erreicht.
Dem füge ich gleich hinzu, dass diese Mehreinnahme wegen nachlaufender Veranlagung leider, aber sicherlich nicht zu einer Dauereinrichtung werden wird. Sie verschafft uns aber eine "Verschnaufpause".
Trotz in den Plänen veranschlagter Defizite ist es in den vergangenen Jahren am Ende immer gelungen, Fehlbeträge und damit auch deren Kumulation zu vermeiden.

Die besagte "Verschnaufpause" kommt indes zu einem guten Zeitpunkt: wir haben in den vergangenen 5 Jahren trotz sehr schwieriger Haushaltslage sehr viel Geld in den Ausbau der Infrastruktur unserer Stadt investiert, die Hessentagsinvestitionen eingerechnet mehr als 50 Mio. Euro. Die größten öffentlichen Projekte werden in den nächsten 2, 3 Jahren abgewickelt sein, so dass schrittweise dann auch die Investitionstätigkeit und mit ihr die Neuverschuldung der Stadt zurück gefahren werden wird.
Sie sehen: Wir machen es so, wie die neue Bundesregierung es macht. Nur dass wir schon früher angefangen haben. Wahrscheinlich hat sich der Finanzminister Steinbrück seine Konsolidierungsstrategie überhaupt in Idstein abgeguckt.
Die privaten Investitionen, die unter anderem auch durch die öffentlichen mit ausgelöst wurden und werden, gehen, wenn die Konjunktur es zulässt, hoffentlich weiter. Das Hallenbad, das wie Sie lesen und hören konnten, als Allwetterbad mit Biomassekraftwerk und Wellness-Einrichtungen in der Nachbarschaft des neuen Gesundheitszentrums entstehen soll, ist dafür nur ein Beispiel, die Erweiterung der Europa Fachhochschule um neue Hörsaalgebäude, Bibliothek, etc., ein anderes. Forsche Entwicklung, die wir für das TaunusViertel, zur Zeit auch für das NassauViertel verzeichnen können, wird weitere interessante Projekte nach sich ziehen - eine Nachwirkung des Hessentages, die nach wie vor anhält.
Meine sehr geehrte Damen und Herren, der Hessentag liegt in wenigen Monaten bereits 4 Jahre zurück. Nach dem Hessentag hatten wir uns vorgenommen, den Bereich zwischen Schlossteich und Stadion zu einem "Zissenbachpark" auszugestalten. Dass dieses Vorhaben so lange Zeit in Anspruch genommen hat, lag zunächst an bürokratischen Hürden und dann an fehlenden finanziellen Mitteln. Aber jetzt sind wir fast fertig geworden. Es fehlen, glaube ich, noch 11 Bäume, die im Frühjahr gepflanzt werden können.
Der "Zissenbachpark" - wir werden dafür künftig den Namen "Schlossaue" vorschlagen - ist Teil eines Grünzuges, der, auf ca. 350 Metern durch die "Weiherwiese" unterbrochen, auf der einen Seite von der Nordumgehung durchs Wörsbachtal, auf der anderen Seite durchs Wolfsbachtal bis zum Pfahlgraben quer durch die ganze Stadt verläuft.
Auf beiden Seiten sind Sport- und Freizeiteinrichtungen angeordnet, auf beiden Seiten existieren inzwischen Rundwege und Erholungsmöglichkeiten, bis in die freie Natur hinein.
Um eine solch ausgedehnte, vielfältige und landschaftlich reizvolle Erholungslandschaft mitten in der Stadt würden wir gewiss weithin beneidet - wenn, ja wenn bekannt wäre, dass es sie gibt. Leider wissen das ja viele Idsteiner selbst kaum.
Bevor man einen Schatz heben kann, muss man ihn bekanntlich entdeckt haben - womit ich mich jetzt erst einmal aus der Vergangenheit verabschieden und der Zukunft zuwenden will: Was werden 2006 und die absehbaren Folgejahre in Idstein für Idstein bringen?
In der Siedlungspolitik sind die Weichen für die nächsten 10 Jahre gestellt. Zu den beiden großen Baugebieten im Süden und Nordwesten der Kernstadt, TaunusViertel und NassauViertel, kommen mit "Südlich Eisenbach" (Gesundheitszentrum, Hallenbad, evtl. Hotel), Schützenhausstraße und Seelbacher Straße kleinere Flächenbereiche hinzu.
In den Stadtteilen ist in Wörsdorf (Henriettentaler Straße), in Dasbach, unserem "dollen Dorf", das sich kürzlich in der "Hessenschau" so sympatisch präsentiert hat, wo gerade das erste Idsteiner "Einheimischenmodell" entsteht, in Heftrich (Schulweg, Schlabachstraße) Siedlungsentwicklung im Gange, in Ehrenbach wäre sie möglich, Nieder-Oberrod ist noch mit der Dorferneuerung beschäftigt. Mit den Ortsbeiräten Walsdorf, Kröftel und Lenzhahn sind wir wegen der Ausweisung möglicher Einheimischenmodelle im Gespräch.
Was die Verkehrspolitik betrifft, so ist zu der Ortsumgehung Eschenhahn, der zweiten Autobahnauffahrt Richtung Frankfurt und der Südtangente bereits das Notwendige gesagt. Insbesondere wird die Verkehrsanbindung unserer Stadt dadurch weiter verbessert. Innerstädtisch ist die Friedensstraße grundhaft saniert worden und wird nach wie vor die Beseitigung der Ampelanlage Limburger Straße/Am Hexenturm angestrebt. Das wird aber vor 2007 kaum möglich sein.
Die Radler können ab April die Radwanderkarte "Idsteiner Land" mit Routenbeschreibungen und Informationen über die Beschaffenheit der Wege erhalten.

Mit der Stadt Bad Camberg, den Gemeinden Hünstetten, Selters und Hünfelden sind wir im Begriff, die Radwegverbindungen zwischen dem Idsteiner Schloss und dem Limburger Dom durchs Emsbachtal und Wörsbachtal zu attraktivieren und mit geeigneten Aktionen touristisch zu beleben.
Der Öffentliche Personennahverkehr muss europaweit ausgeschrieben werden, auch der "Idstaaner". Natürlich hoffen wir, dass heimische Unternehmen dabei zum Zuge kommen. Über das heute bestehende Angebot hinaus müssen ins NassauViertel und zum Gesundheitszentrum vermutlich zwei neue Linien eingerichtet werden. Bei dieser Gelegenheit werde ich mit den Kollegen des Idsteiner Landes verstärkt über eine Verbesserung der ÖPNV-Verbindungen nach und von Idstein nachdenken müssen, um die regionalen Bindungen zu festigen, die Nutzbarkeit der im Mittelzentrum auch für das Umland platzierten Einrichtungen zu verbessern und so die zentralen Funktionen der Stadt wiederum zu stärken.
Städtebaulich werden sich in den nächsten Jahren vor allem die drei wichtigen Stadteingangssituationen verändern. Für das ehemalige Ziegelei-Gelände der Firma Kappus Ecke Wiesbadener Straße/Am Bahnhof befindet sich ein vorhabenbezogener Bebauungsplan im Verfahren. Mit den Grundstückseigentümern zwischen Ritzbach und Stettiner Straße haben erste Gespräche über eine mögliche Bauleitkonzeption stattgefunden.
Mit dem Konzept zur schrittweisen Um- und Neustrukturierung des Bereiches zwischen Gerberweg und Hahnstück entlang der Limburger Straße sind wir in das Programm "Stadtumbau West" des Landes Hessen aufgenommen worden. Dort wird in Bälde mit den ersten konkreten Planungsschritten begonnen werden.
Die Situation entlang der Landesstraße 3026 und der Seelbacher Straße wird sich im Zuge der Südtangente und der TaunusViertel-Bebauung mit Kreiseln, straßenbegleitendem Geh- und Radweg sowie Bepflanzung verändern und zwar zum Besseren, wie in den nördlichen und westlichen Stadteingangsbereichen auch.
Obwohl es noch viele Einzelprojekte aufzulisten gäbe, breche ich die Aufzählung an dieser Stelle ab und wende mich einigen Leitlinien der Stadtentwicklung zu.

Die Stadtentwicklung, meine Damen und Herren, ist im Mehrkampf der Kommunalpolitik nach der Finanzpolitik die "Königsdisziplin". In ihr werden alle anderen Disziplinen, ob es sich um Infrastrukturpolitik, die Ordnungspolitik, die Siedlungspolitik, die Verkehrspolitik, die Kommunalen Felder der Sozialpolitik, das weite Feld der Umweltpolitik, den Städtebau, die Kulturpolitik, die Sport- und Freizeitpolitik handelt und selbst noch die Verwaltungsorganisation und -personalpolitik zu Bausteinen eines Gesamt"kunstwerks".
Deshalb ist es wichtig, das Gesamtbild, das Ziel oder genauer: die Ziele, nicht aus den Augen zu verlieren. Die Stadtentwicklung entscheidet zugleich über die Zukunftsfähigkeit unseres Gemeinwesens. Diese wiederum hängt sehr wesentlich davon ab, ob es gelingt, die Ziele den übergeordneten Entwicklungen zeitlich und strukturell anzupassen, aber auch offen zu halten für Veränderung, das heißt: Prozess, Entwicklung, in der Stadt zu organisieren.
Entwicklung findet nicht im luftleeren Raum statt, sondern basiert auf vorhandenen Strukturen. Entwicklungsprofile, die nachhaltig "funktionieren", zukunftsfähig sein sollen, können nur aus den gewachsenen Strukturen, und dazu gehören natürlich auch "Traditionen", abgeleitet werden. Aber auch Traditionen müssen Veränderungen Rechnung tragen, auch sie unterliegen dem Sachzwang zur Modernisierung. Sonst bleiben sie nämlich auf dem Bahnsteig zurück, und der Zug der Entwicklung fährt ohne sie ab.
Wohin fährt der Zug der Entwicklung?
Nun, meine Damen und Herren, ganz sicher ist: der Zug fährt Richtung Süden, er fährt in Richtung Rhein-Main-Region.
Es ist schlimm genug, dass die Rhein-Main-Region in ihrem Formierungsprozess in Deutschland allenfalls einen hinteren Platz einnimmt, der ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und ihren Entwicklungspotentialen gelinde gesagt unangemessen ist. Es liegt daher, auch wenn wir geographisch nur am Rande der Rhein-Main-Region platziert sind - wirtschafts- und strukturpolitisch gehören wir natürlich "volle Kanne" dazu -, es liegt daher in unserem vitalen Interesse, dass es mit der Regionalentwicklung im Rhein-Main-Gebiet vorangeht.

Ich halte das Ballungsraumgesetz allerdings für ein wenig geeignetes Instrument. Das Beispiel Niedersachsens zeigt, dass es des Mutes zu tief greifenden Eingriffen in die Struktur und Aufbauorganisation des Staates beziehungsweise Landes (Zweistufigkeit) bedarf, um die notwendigen finanziellen Ressourcen heben und bürokratische Hürden abbauen zu können, die die Entwicklung kooperativer Strukturen in der Region hemmen. Wir werden daher der Forderung nach solchen Struktur- und Funktionalreformen auch weiterhin Nachdruck verleihen.
In der Perspektive der Stadtentwicklung lautet die entscheidende Frage für Idstein daneben: Wie kann sich die Stadt in der Rhein-Main-Region behaupten, welche Potentiale kann sie einbringen und wie kann sie unter der Vorherrschaft der Oberzentren und der Metropole Frankfurt Perspektiven für ihre Eigenentwicklung generieren? Wir wollen ja nicht zu einer Vorstadt von wem auch immer oder einer Schlafstadt für wen anderes auch immer werden. Wir waren ja schließlich fast 500 Jahre lang Nassauische Residenz!
Die Parallelisierung von lokalen und regionalen Strukturelementen sowie die Ergebnisse wirtschaftswissenschaftlicher "Zukunftsforschung" legt es nahe, "Standortprofile" zu definieren, aus denen dann wiederum Stadtentwicklungsziele, Maßnahmenkataloge und Umsetzungsstrategien abgeleitet werden müssen.
Man muss keine Purzelbäume schlagen, um dahinter zu kommen, dass Idstein in den Bereichen Tourismus, Gesundheit und Bildung seine größten, auch regional darstellbaren Entwicklungspotentiale besitzt, die auch in vorhandenen Standortfaktoren basieren. Vielleicht lassen sich ähnliche Voraussetzungen nach und nach auch für den Bereich der Energiewirtschaft und Energietechnik darstellen. Das geplante Biomassekraftwerk und Fotovoltaikanlage, die möglicherweise einmal das Dach unseres Feuerwehrstützpunktes zieren wird, reichen für ein energiewirtschaftliches Standortprofil aber allein mit Sicherheit nicht aus. Jedoch wir arbeiten d'rn.
Der Tourismus, der sich seit dem Hessentag auf stabil hohem Niveau einjustiert hat, ist als Wirtschaftsfaktor noch weiter ausbaufähig. Dazu bedarf es aber einer Verbesserung und eines Ausbaus der touristischen Infrastruktur (nebst anderer Bausteine, siehe oben).

In bin dem Architekturbüro Gerhard Guckes außerordentlich dankbar dafür, dass er Ideen zur Umgestaltung des Schlosskomplexes aufgegriffen und angereichert hat, um die Aufenthaltsqualität und die touristische Qualität und Verwertbarkeit zu steigern. Das Konzept wird demnächst in den Gremien der Stadtverordnetenversammlung diskutiert werden.
Über die Gesundheit und die Möglichkeiten einer Vernetzung der genannten Standortprofile lasse ich mich jetzt nicht mehr weiter aus.
Ich hatte ja angekündigt, dass ich Ihr Stehvermögen nicht über Gebühr beanspruchen werde. Zu lange stehen soll nämlich auch ungesund sein, und an Ihrer Gesundheit ist mir, wie gesagt, im hohen Maße gelegen.
Ich möchte aber nicht schließen, ohne vorher den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung, die Sie heute wieder gut und reichlich bewirtet haben, namentlich Frau Barenthin, Frau Ehmig, Frau Flaig, Frau Försch, Herrn Hajek, Herrn Hill, Frau Jittit, Frau Kilian und Frau Koch, ein lautes und herzliches "Dankeschön" zuzurufen. Auch in Ihrer aller Namen, oder?
Ihnen danke ich für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit und Ihre Geduld und wünsche Ihnen noch einen angenehmen Aufenthalt, interessante Gespräche und später einen schönen Abend.
Ach ja: Und sehen Sie optimistisch der Zukunft entgegen. Es geht voran!